US-Wegzugsbesteuerung – steuerliche Konsequenzen der Aufgabe der Green Card oder der US-Staatsbürgerschaft

Allein im ersten Quartal des Jahres 2016 haben 1,158[i] Personen ihre US-Staatsbürgerschaft aufgegeben oder ihren Status als „Long Term Green Card Holder“[ii] beendet.

Grund hierfür ist zumeist der Wunsch sich aus der fiskalischen Umklammerung der amerikanischen Steuerbehörden zu lösen. US-Staatsbürger und Inhaber ein Green Card sind unabhängig von ihrem Wohnsitz oder Aufenthaltsort grundsätzlich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig in den USA. Dies bedeutet, dass sie bei Überschreitung gewisser Mindestgrenzen jährlich zur Abgabe einer US-Steuererklärung und Offenlegung ihrer weltweiten Einkünfte verpflichtet sind.

Die unbeschränkte Steuerpflicht in den USA führt nicht nur zu einer zeitlichen & finanziellen Mehraufwand durch die Erstellung von Steuererklärungen in mehreren Ländern  – sie kann auch durch das Auseinanderfallen von Besteuerungszeitpunkten oder Besteuerungsgrundlagen zu einer echten Doppelbesteuerung führen. Darüber hinaus erschwert die Berücksichtigung zweier Steuersysteme jegliche Steuerplanung und Steueroptimierung sehr.

Eine Rückgabe der Green Card bei einem „Long Term Green Card Holder“ oder die Aufgabe der US-Staatsbürgerschaft sollte allerdings wohl überlegt sein, da dies unter bestimmten Umständen eine Wegzugbesteuerung auslösen kann.

Ob man als sogenannter „Covered Expatriate“[iii] gilt und damit der Wegzugsbesteuerung unterliegt hängt von der Erfüllung einer der folgenden Kriterien ab:

  • Durchschnittliche jährliche Einkommensteuer von mehr als $ 160,000 (Stand 2015)[iv] für die 5 Jahre vor der Aufgabe der Green Card oder der US-Staatsbürgerschaft
  • Nettovermögen von mehr als 2 Millionen USD am Tag der Aufgabe
  • Es kein Nachweis erbracht werden kann, dass man in den 5 Jahren vor Aufgabe allen seinen steuerlichen Pflichten in den USA nachgekommen ist

Eine Ausnahme von der Wegzugsbesteuerung gibt es nur für die folgenden Personen[v]:

  • Für Doppelstaatsbürger die von Geburt an die Staatsbürgerschaft der USA und eines anderen Landes innehatten, dort unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und in nicht mehr als 10 der letzten 15 Jahre ihren Wohnsitz in den USA hatten.
  • Personen unter 18.5 Jahren die nicht länger als 10 Jahre ihren Wohnsitz in den USA hatten

Die Berechnung der Wegzugsbesteuerung erfolgt auf Basis der stillen Reserven. Hierbei wird fingiert, dass der Steuerpflichtige alle seine Vermögenswerte am Tag vor der Aufgabe veräußert. Der zu besteuernde Gewinn ist somit der Verkehrswert abzüglich der zu berücksichtigenden Anschaffungskosten.[vi]

Zu berücksichtigen ist, dass die ersten $ 690,000[vii] (Stand 2015) an Gewinn nicht besteuert werden. Die Höhe der Steuer auf den Übersteigenden Gewinn beträgt 23.8% (Steuer auf Kapitalgewinne in Höhe von 20% plus Net Investment Income Tax von 3.8%).

Wichtig ist es bei der Entscheidung für oder gegen eine Aufgabe der Green Card oder Staatsbürgerschaft, die Sonderregelungen die für sogenannte „Covered Expatriate“ nach der Aufgabe gelten, zu berücksichtigen.

Diese betreffen insbesondere Ausschüttungen aus Trusts und die Schenkung- und Erbschaftsteuer.

[i] Internal Revenue Service – Quarterly Publication of Individuals Who Have Chosen to Expatriate

[ii] Als „Long Term Green Card Holder” gelten Personen mit Green Card die in den USA in mindestens 8 der vergangen 15 Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren.

[iii] Internal Revenue Code Sec. 877(a)(2)

[iv] Unterliegt einer inflationsbedingten jährlichen Anpassung

[v] IRC 877A(g)

[vi] Mark-to-Market

[vii] Unterliegt einer inflationsbedingten jährlichen Anpassung

Die Nichtverlängerung einer Green Card für US-Immigrationszwecke beendet nicht die unbeschränkte US-Steuerpflicht

Die unbeschränkte Steuerpflicht (Besteuerung der weltweiten Einkünfte) in den USA  knüpft an die Ansässigkeit an. Als ansässig gilt wer

  • die US-Staatsbürgerschaft besitzt, oder
  • eine Green Card innehat, oder
  • den Substantial Presence Test (SPT) erfüllt.

Das Innehaben einer Green Card erlaubt das Leben und Arbeiten in den USA – geht aber auch einher mit der Verpflichtung seine weltweiten Einkünfte in den USA offenzulegen und zu versteuern.

Im September 2014 fällte der United States Tax Court die Entscheidung im Fall Topsnik v. Commissioner. Dieser Fall zeigte noch einmal wie wichtig es ist seine Green Card formell aufzugeben, wenn man seine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht in den USA beenden möchte.

Sollte man dieses versäumen, so bleibt die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht bestehen. Die Folge sind Strafen für die Nichtabgabe von Steuererklärungen und dem Fehlen von Offenlegungsverpflichtungen.

Im vorliegenden Fall hatte ein deutscher Staatsbürger seine Green Card in den 70er Jahren erworben. Er hatte sie regelmäßig verlängert und nicht formell mit Formular I-407 aufgegeben. Der Steuerpflichtige verkaufte seine US-Kapitalgesellschaft im Jahr 2004 und vereinbarte eine Ratenzahlung über den Verkaufspreis. Nachdem er für die Jahre 2004 und 2005 noch US-Steuererklärungen abgegeben hatte, tat er dies nicht mehr für die Jahre 2006-2009.

Das amerikanische Finanzamt (Internal Revenue Service-IRS) griff dies auf und schätze die Steuer für die Jahre 2006–2009. Zusätzlich wurden Verspätungszuschläge nebst Zinsen festgesetzt.

Vor Gericht argumentierte der Steuerzahler, dass er seine Green Card „informell“ aufgegeben hätte, indem er sein Haus in den USA in 2003 verkauft hätte und zurück nach Deutschland gezogen sei.

Er argumentierte außerdem, dass er als in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger, gemäß Artikel 4 des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) zwischen den USA und Deutschland mit den Gewinnen aus dem Verkauf nicht steuerpflichtig in den USA wäre.

Das Gericht hat beide Argumente des Steuerzahlers verworfen. Es stellte mit Verweis auf Treasury Regulation 301.7701(b)-1(b)(3) klar, dass man für Steuerzwecke so lange als unbeschränkt Steuerpflichtig in den USA gilt, bis man seine Green Card offiziell mit Formular I-407 aufgegeben hat.

Dies gilt auch für den Fall, dass die Green Card für Zwecke der Einwanderung ungültig geworden ist (z. B. durch Nichtverlängerung).

Das Gericht verwarf auch das Argument, dass seine Ansässigkeit in Deutschland unter Artikel 4 des DBA fallen würde. Der Steuerzahler hatte nur minimale Anknüpfungspunkte zu Deutschland und war dort auch nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.

Fazit:

Für Steuerzwecke bleibt der Inhaber einer Green Card solange unbeschränkt einkommensteuerpflichtig in den USA bis diese formell aufgegeben oder seitens der Behörden entzogen wurde.

Bei in Deutschland lebenden Inhabern einer Green Card, die die Ansässigkeit i. S. d. Artikel 4 des DBA zwischen den USA und Deutschland erfüllen, besteht die Möglichkeit der Einreichung einer US-Steuererklärung für beschränkte Steuerpflicht unter Bezugnahme auf das DBA (sogenannt treaty tie-breaker). Dieser Schritt kann aber zur Aberkennung der Green Card für Immigrationszwecke und potentiell auch zur Auslösung von US-Wegzugssteuer führen. Die Nutzung des Artikels 4 des DBAs USA Deutschland ist ein Wahlrecht und kann nur durch die Abgabe einer US-Steuererklärung erfolgen.